Kaaden-Duppau | Kadaň-Doupov

Historische Ansichtskarte von Duppau bei Kaaden (Foto: Städtisches Museum Kaaden)

Kaaden an der Eger. „Am Dreifaltigkeitstage, eine Woche nach Pfingsten, kam ein Bus mit dreißig tschechischen Gendarmen nach Duppau. Am Tage darauf begann das Morden … Der Leiter der Duppauer Oberschule, Oberstudiendirektor Andreas Draht, wurde in SS-Uniform lebendig in der Oberschule eingemauert. Studienrat Hotek wurde acht Tage lang täglich dreimal unmenschlich geprügelt und dann halbtot aufgehängt. Studienrat Wenisch wurde … zum Krüppel geschlagen und dann erschossen. Ebenso erging es Dipl. Ing Neudörfl … Etwa 400 Personen waren, eng zusammengepfercht, im Luftschutzkeller der Oberschule eingesperrt. Insgesamt soll dieses Mordkommando in Duppau 284 Personen auf dem Gewissen haben. Die Opfer wurden in mehreren Massengräbern auf dem Sportplatz der Oberschule verscharrt.“ (Emil Franzel: Die Vertreibung – Sudetenland 1945-1946. München, Aufstieg-Verlag 1993)

Die Zahlen werden von Tomaš Stank als unwahrscheinlich erachtet („Nachkriegsexzesse in den böhmischen Ländern im Jahre 1945 und ihre Untersuchung“, Heft 41/ 2005, S. 142, hg. Institut für Zeitgeschichte der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik)

Bericht der deutschen Kommunisten in Kaaden an das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KP) im Mai 1945 (Auszug): „Die Lage ist ernst, die deutschen Kommunisten, die weit zahlreicher als die tschechischen Genossen sind, entfalten eine große Initiative im Sinne einer internationalen Bewegung. Die tschechischen Genossen, die hier waren, konnten die deutschen Genossen nicht überzeugen und forderten die sofortige Entsendung einer Delegation, die die Angelegenheit mit den deutschen Genossen regelt. Unter den Tschechen dominieren die tschechischen Sozialisten. Ohne Unterstützung der deutschen Antifaschisten ist unsere Position in der Stadt schwach. Das Eingreifen der Zentrale wird gefordert. Die deutschen Genossen leisten Sicherheitsdienst in der Stadt, wobei vor einigen Tagen zwei Genossen von den Nazis erschossen wurden.“

Nationalarchiv NA, f. 100/ 1, sv. 49, a. j. 374, fol. 8-9

Kundmachung der Erschießungen in Kaaden (Foto: Städtisches Museum Kaaden)

Bericht der Staatssicherheit Brüx (Most) vom 21. August 1947 über die Nachrevolutionsereignisse in Kaaden (Auszug): „An diesem Ort wurden, soweit dies zu ermitteln war, insgesamt 72 Personen hingerichtet, alle deutscher Nationalität. Es ging überwiegend um Funktionäre der NSDAP und Angehörige der SS, die im umliegenden Wald oder direkt in den Wohnungen der Deutschen versteckt waren und die Waffen behalten hatten. Einer von ihnen war ein Tscheche, der freiwillig bei der SS diente. Die Motive dieser Hinrichtungen waren Schwierigkeiten der tschechischen Bevölkerung, die Verwaltung in ihre Hände zu bekommen, da sich die deutschen Bewohner mit allen möglichen Waffen gegen die Besetzung der Stadt wehrten. Aus diesem Grund war es zur Abschreckung notwendig, diese Hinrichtungen durchzuführen, so dass die anderen Deutschen ihre Waffen und Munition, die sie in größerer Menge besaßen, abgeben.“

 

Hof des Kaadener Gerichts mit Gefängnis, Aufnahme aus der Ersten Republik (Foto: Städtisches Museum Kaaden)

Mai 1945 die deutsche Familie Guby. Die Hinrichtung wurde öffentlich auf dem Marktplatz durchgeführt. Am 26. Mai 1945 wurden zehn Deutsche im Hof des Bezirksgerichtes in Kaaden hingerichtet und am 28. Mai an der gleichen Stelle fünf Deutsche. Die Hinrichtungen wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt. Nach der Ankunft der tschechoslowakischen Auslandsarmee hatte Major Svoboda die Befehlsgewalt in Kaaden übernommen. Für die Einhaltung der Ruhe und Ordnung wurden weitere Hinrichtungen angeordnet, die wieder im Hof des Bezirksgerichtes und unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt wurden. Zu diesen Hinrichtungen wurden wieder Deutsche ausgesucht nach den oben genannten Kriterien. Von 31. Mai bis zum 12. Juni wurden 54 Deutsche hingerichtet. Diese Hinrichtungen wurden mit einer Kundmachung in deutscher und tschechischer Sprache bekanntgegeben. Es wurden die Namen, Geburtsdaten und die Wohnstätten der Personen genannt. Die Kundmachungen wurden von Hauptmann Námstek, der Kommandant der Kaadener Garnison war, und dem Leiter der Bezirksverwaltungskommission (OSK), Dr. Antonín Bayer, unterschrieben. Später unterschrieb sie Major Svoboda selbst. Mit der Beerdigung der Hingerichteten wurde die örtliche Verwaltungskommission beauftragt, die von einem Deutschen am örtlichen Friedhof durchgeführt wurde, der später nach Deutschland abgeschoben wurde. ABS-Ka, f. A 2/ 1, kart. 57, i. j. 1765

Totzau, historische Ortsansicht (Foto: Städtisches Museum Kaaden)

Dr. med. Christiane Brückner erinnert sich: “Ich selbst war Zeuge in Totzau. Totzau ist ein kleiner Ort, liegt etwa 600 m hoch im Duppauer Gebirge. Es hat etwa 600 Einwohner gehabt. Dort spielten sich 1945 sehr schlimme Ereignisse ab. Ich war Zeugin, wie vor unseren Augen zwanzig Männer aus dem Ort erschossen wurden. Sie wurden herausgesucht, wahllos, wurden an eine Wand gestellt, an einen Schuppen, wurden geschlagen und gequält. Ein siebzehnjähriger Junge wurde mit dem Kopf unter Wasser getaucht und wieder hochgezogen, und dann kam das Kommando, dass sie erschossen werden sollen. Die Männer fielen um, und die anderen Dorfbewohner mussten sie am Friedhof in ein Massengrab werfen. Die Schützen trugen keine korrekte Militäruniform. Sie war zusammengewürfelt aus roten Tüchern und auch zum Teil deutschen Uniformen.

Die Männer waren tot, aber ich muss der Ehrlichkeit halber sagen, dass die Ereignisse am 2. Juni für mich persönlich noch viel schlimmer waren, als wir antreten mussten und uns gesagt wurde, wir werden heute alle erschossen.

Wir standen also da, ich war etwas größer als die anderen und ich hatte Angst, als erste getroffen zu werden. Ich ging deshalb ständig in die Knie, damit ich mit den anderen gleich groß war, damit ich nicht als erste erschossen werde. Ich wollte mit den anderen erschossen werden. Es hat eine Zeit lang gedauert, der Kommandant hat eine Rede gehalten, ihr werdet heute alle erschossen, das ganze Sudetenland muss krepieren, ich kann Blut sehen. Blut ist mein Bruder, ich habe keine Angst … und so ging das weiter. Und wir standen da, zitternd und voller Angst. Da hieß es, wir müssen antreten, und ich dachte, sie führen uns zu einem Massengrab und werden uns dort erschießen. Dann sind wir zum letzten Haus des Dorfes geführt worden. Dort lag die ganze Familie, drei Kinder und das Ehepaar, also fünf Personen, erschossen im Flur. Und da mussten wir vorbeigehen, die Leichen waren beleuchtet, und ich vergesse nie die vielen Einschüsse an den Toten, wahrscheinlich von Maschinengewehren. Wer nicht hinsah, musste umkehren und musste noch einmal hinschauen. Dann wurden wir nach Hause geschickt.

Zeitzeugenaussage vom 13. August 2005 in Georgensgmünd/ Mittelfranken (Auszug)

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